Glykämischer Index und glykämische Last

Der glykämische Index (GI) ist eine Kennzahl, die angibt, wie schnell und stark kohlenhydrathaltige Lebensmittel den Blutzuckerspiegel erhöhen. Ein höherer GI-Wert bedeutet, dass der Blutzucker nach dem Verzehr eines Lebensmittels schneller und stärker ansteigt. Als Referenzwert für den Blutzuckeranstieg dient Traubenzucker (Glukose) mit einem GI von 100.

Der GI wurde in den 1980er Jahren in der Diabetesforschung eingeführt, als entdeckt wurde, dass beispielsweise Weißbrot den Blutzucker stärker ansteigen lässt als Haushaltszucker, obwohl dies nicht durch die Struktur der Kohlenhydrate erklärbar war.

Diäten auf Basis des Glykämischen Index

Es gibt verschiedene Diäten, die den GI berücksichtigen, wie die Montignac-Methode, die Glyx-Diät und die Logi-Methode. Neuere Forschungen bestätigen die Bedeutung des GI bei der Behandlung von Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Übergewicht. Allerdings variieren die Auswirkungen des GI individuell stark und hängen unter anderem von der Darmflora ab. Ein Cochrane-Review aus dem Jahr 2023 fand keine Vorteile bei der Gewichtsreduktion im Vergleich zu anderen Diätformen.

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Helfen Diäten mit niedrigem glykämischen Index oder niedriger glykämischer Last Menschen mit Übergewicht oder Adipositas beim Abnehmen?

Original: Do low glycaemic index or low glycaemic load diets help people with overweight or obesity to lose weight?

Die aktuelle Evidenz zeigt, dass es möglicherweise keinen oder nur einen geringen Unterschied bei allen wichtigen Ergebnissen zwischen Diäten mit niedrigem GI/GL und Diäten mit höherem GI/GL oder anderen Diäten gibt.

Es gibt nicht genügend Informationen, um eindeutige Schlussfolgerungen über die Wirkung von GI/GL-Diäten auf Menschen mit Übergewicht oder Adipositas zu ziehen.

Die meisten Studien hatten nur eine geringe Teilnehmerzahl, mit wenigen Personen in jeder Vergleichsgruppe. Daher wurde die Sicherheit der Evidenz als moderat bis sehr niedrig eingestuft.

Es sind bessere, gut durchdachte und umfangreichere Studien erforderlich. Diese sollten:

  • Ein standardisiertes Interventionsprotokoll befolgen,
  • Objektive Messmethoden verwenden, da eine Verblindung schwer umsetzbar ist,
  • Maßnahmen ergreifen, um den Teilnehmerverlust während der Studie zu minimieren.

Zusätzlich werden Studien benötigt, die:

  • Menschen aus verschiedenen ethnischen Gruppen sowie mit unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten einbeziehen,
  • In Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen durchgeführt werden.

Wichtige Erkenntnisse

  • Diäten mit niedrigem glykämischen Index oder niedriger glykämischer Last führen wahrscheinlich zu keinem oder nur sehr geringem Unterschied im Gewicht im Vergleich zu Diäten mit höherem glykämischen Index oder höherer glykämischer Last bzw. zu anderen Diäten.
  • Die Auswirkungen dieser Diäten auf die Lebensqualität, Nebenwirkungen und Sterblichkeit sind sehr unsicher.

Was ist eine Diät mit niedrigem glykämischen Index oder niedriger glykämischer Last?

Diese Diäten bestehen aus Lebensmitteln, die den Blutzuckerspiegel nur langsam oder verzögert ansteigen lassen. Dadurch produziert der Körper möglicherweise weniger Insulin, was zu einer Gewichtsabnahme führen könnte.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten untersuchen, wie sich diese Diäten auf Menschen mit Übergewicht oder Adipositas auswirken. Dabei haben wir folgende Faktoren berücksichtigt:

  • Veränderung des Körpergewichts
  • Lebensqualität der Teilnehmer
  • Nebenwirkungen der Diät
  • Sterblichkeit

Wie sind wir vorgegangen?

Wir suchten nach Studien, die diese Diäten mit anderen Diäten verglichen, darunter auch Diäten mit hohem glykämischen Index oder hoher glykämischer Last. Die Studien mussten eine Mindestdauer von acht Wochen haben.

Was haben wir gefunden?

Wir fanden 10 Studien mit insgesamt 1210 Teilnehmern.

  • 4,1 % der Teilnehmer waren Kinder
  • 1,9 % waren Erwachsene über 65 Jahre
  • Herkunft der Studien:
    • Fünf aus den USA
    • Jeweils eine aus Australien, Iran, Mexiko, Neuseeland und Spanien

Hauptergebnisse

Vergleich: Niedriger vs. hoher glykämischer Index/glykämische Last

  • Eine Diät mit niedrigem GI oder GL führt wahrscheinlich zu keinem oder nur sehr geringem Unterschied im Körpergewicht.
  • Sie könnte die Stimmung verbessern, aber der tatsächliche Effekt ist möglicherweise nicht so stark wie geschätzt.
  • Keine Teilnehmer berichteten von unerwünschten oder schädlichen Nebenwirkungen.
  • Keine der Studien berichtete über Todesfälle.

Vergleich: Niedriger glykämischer Index/glykämische Last vs. andere Diäten

  • Diese Diäten führen wahrscheinlich zu keinem oder nur sehr geringem Unterschied im Körpergewicht im Vergleich zu anderen Diäten.
  • Einige Teilnehmer berichteten über unerwünschte Nebenwirkungen, darunter:
    • Essstörungen
    • Nierensteine
    • Divertikulitis (Entzündung oder Infektion von Darmausstülpungen)
  • Es ist unklar, ob diese Nebenwirkungen direkt durch die Diät verursacht wurden.
  • Keine der Studien berichtete über die Lebensqualität oder Todesfälle der Teilnehmer.

Welche Einschränkungen gibt es bei diesen Ergebnissen?

  • Die sichersten Erkenntnisse betreffen die Gewichtsveränderungen. Andere Ergebnisse sind unsicherer.
  • Nicht alle Studien berichteten über die Auswirkungen auf die Lebensqualität oder Sterblichkeit.
  • Die meisten Studien hatten sehr wenige Teilnehmer, was die Aussagekraft einschränkt.
  • In vielen Studien wussten die Teilnehmer, welche Diät sie erhielten, was ihr Verhalten und die Messergebnisse beeinflusst haben könnte.

Wie aktuell sind diese Ergebnisse?

Die Untersuchung basiert auf Daten, die bis Mai 2022 aktualisiert wurden.

Wie wird der Gylkämische Index bestimmt?

Zur Bestimmung des GI wurde gemessen, wie stark der Blutzucker bei Testpersonen innerhalb von zwei Stunden nach dem Verzehr von 50 Gramm Kohlenhydraten eines Lebensmittels anstieg, verglichen mit der gleichen Menge an Traubenzucker. Ein GI von 50 bedeutet, dass der Blutzuckeranstieg halb so groß ist wie der von Traubenzucker.

Es ist wichtig zu beachten, dass der GI die Art der Kohlenhydrate in einem Lebensmittel beschreibt, nicht jedoch das Lebensmittel selbst. Daher wurde das Konzept der glykämischen Last (GL) eingeführt, das sowohl den GI als auch die Menge der verzehrten Kohlenhydrate berücksichtigt.

Einteilung des Glykämischen Index:

Was ist die Glykämische Last (GL)?

Die Glykämische Last (GL) ist eine Weiterentwicklung des GI und berücksichtigt nicht nur die Geschwindigkeit des Blutzuckeranstiegs, sondern auch die Menge der enthaltenen Kohlenhydrate.

Die Formel zur Berechnung lautet:

GL = GI × Kohlenhydrate in g 100

Beispiel:

Eine mittelgroße Banane enthält ca. 25 g Kohlenhydrate und hat einen GI von 52.

Berechnung:

GL = 52 × 25 100 = 13

Warum ist der Glykämische Index wichtig?

Eine Ernährung mit niedrigem GI und niedriger GL kann gesundheitliche Vorteile haben:

  • Diabetes-Prävention: Lebensmittel mit niedrigem GI helfen, den Blutzucker stabil zu halten und können das Risiko für Typ-2-Diabetes senken.
  • Gewichtsmanagement: Nahrung mit niedriger GL kann Heißhungerattacken reduzieren und zu einer besseren Sättigung führen.
  • Herz-Kreislauf-Gesundheit: Eine langfristige Ernährung mit niedrigem GI kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern.

Eine Studie mit über 130.000 Teilnehmern kam zum Schluss, dass eine Ernährung mit einem hohen Glykämischen Index zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zu einer erhöhten Mortalität führte (Quelle: Glycemic Index, Glycemic Load, and Cardiovascular Disease and Mortality)

Glykämischer Index und Übergewicht

Lebensmittel mit einem hohen glykämischen Index (GI) lassen den Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr schnell und stark ansteigen. Als Reaktion darauf schüttet der Körper vermehrt Insulin aus, ein Hormon, das den Zucker aus dem Blut in die Körperzellen transportiert. Dies führt dazu, dass die Muskeln und Fettzellen mehr Glukose aufnehmen. Gleichzeitig wird überschüssige Energie als Fett gespeichert oder in Form von Glykogen in der Leber eingelagert.

Da der Blutzuckerspiegel nach einer starken Insulinausschüttung schnell wieder sinkt, kann es etwa zwei bis vier Stunden nach dem Essen zu einem Zustand kommen, in dem der Körper eine Unterversorgung mit schnell verfügbaren Energieträgern wahrnimmt. Dieses Gefühl einer "Unterzuckerung" kann dazu führen, dass der Betroffene erneut Hunger verspürt und wieder Nahrung zu sich nimmt – oft in Form von zuckerreichen oder kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln. Dadurch entsteht ein Teufelskreis: Der ständige Wechsel zwischen starkem Blutzuckeranstieg und -abfall kann langfristig zu einem übermäßigen Kalorienkonsum und schließlich zu Übergewicht führen.

Allerdings tritt eine tatsächliche Unterzuckerung bei gesunden Menschen selten auf, da der Körper aus den Glykogenspeichern in der Leber jederzeit Glukose freisetzen kann, um den Blutzuckerspiegel zu stabilisieren.

Zusammenhang zwischen GI und Hungergefühl

Studien zeigen, dass der starke Abfall des Blutzuckerspiegels nach dem Verzehr von Lebensmitteln mit hohem GI das Hungergefühl verstärken kann. Dies kann dazu führen, dass Menschen schneller wieder essen, was langfristig eine Gewichtszunahme begünstigen kann.

Um dem entgegenzuwirken, wird häufig empfohlen, auf Lebensmittel mit einem niedrigen GI und einer geringen glykämischen Last (GL) umzusteigen. Diese bewirken eine langsamere und gleichmäßigere Erhöhung des Blutzuckerspiegels, wodurch Heißhungerattacken reduziert werden können. Eine Ernährungsumstellung auf solche Lebensmittel wird daher als mögliche Strategie zur Gewichtskontrolle angesehen.

GI, Übergewicht und gesundheitliche Risiken

Einige wissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass ein hoher GI mit einem erhöhten Risiko für Übergewicht, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung stehen könnte. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen könnte eine Ernährung mit vielen Lebensmitteln mit hohem GI das Risiko für diese Krankheiten erhöhen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) verweist in einer Stellungnahme auf verschiedene Studien, die darauf hindeuten, dass ein hoher GI das Risiko für Adipositas (krankhaftes Übergewicht) steigern könnte. Frauen scheinen hiervon stärker betroffen zu sein als Männer. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass der GI möglicherweise eine Rolle bei der Entstehung von koronaren Herzerkrankungen und sogar von Krebserkrankungen spielen könnte.

Wissenschaftliche Debatte und Kritik

Nicht alle Wissenschaftler sind sich jedoch einig über die Bedeutung des GI für die Gewichtskontrolle. Einige Studien kamen zu dem Schluss, dass nicht der Insulinspiegel, sondern vielmehr die Gesamtenergieaufnahme darüber entscheidet, ob eine Person an Gewicht zunimmt oder abnimmt.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen erklärte bereits 2004, dass es wissenschaftlich nicht ausreichend belegt sei, dass eine Ernährung nach dem GI allein beim Abnehmen hilft. Daher sei es nicht gerechtfertigt, beispielsweise von Kartoffeln oder Vollkornprodukten mit hohem GI abzuraten.

Im Rahmen des europäischen DIOGENES-Projekts (Diet, Obesity and Genes) wurde 2008 eine Langzeitstudie durchgeführt, die ergab, dass eine Diät mit niedrigem GI keinen signifikanten Vorteil hinsichtlich einer langfristigen Gewichtsabnahme oder der Vermeidung einer erneuten Gewichtszunahme brachte.

Zusammenfassung

Lebensmittel mit einem hohen GI können den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen und wieder abfallen lassen, was zu verstärktem Hungergefühl und erhöhter Kalorienaufnahme führen kann. Dies könnte Übergewicht begünstigen. Gleichzeitig gibt es aber auch kritische Stimmen, die darauf hinweisen, dass der GI allein nicht ausreicht, um das Körpergewicht langfristig zu regulieren.

Eine Ernährung mit einem niedrigen GI und einer angepassten glykämischen Last könnte für einige Menschen eine sinnvolle Strategie zur Gewichtskontrolle sein, insbesondere in Verbindung mit einer insgesamt ausgewogenen Ernährung und einem gesunden Lebensstil. Dennoch sind weitere wissenschaftliche Studien notwendig, um die genauen Zusammenhänge zwischen GI, Gewichtszunahme und Gesundheitsrisiken besser zu verstehen.

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